Chlor, Schweiß und Tränen – oder wie ich meinen ersten Triathlon Wettkampf überlebte | Shuru.de
Trilife

Chlor, Schweiß und Tränen – oder wie ich meinen ersten Triathlon Wettkampf überlebte

Kathis erster Wettkampf
Avatar von Katharina Schreiner
Geschrieben von Katharina Schreiner
Wissenslevel    

Aufregung. Pure Aufregung. Ich glaube zu meinen, dass ich noch nie, wirklich NOCH NIE in meinem Leben so dermaßen aufgeregt war, wie Sekunden und Minuten vor dem Startschuss. Ich zitterte. Ich schwitze an meinen Händen. Ich war eiskalt. Mein Herz pochte und mein Atem raste. Bestimmt machte ich auch einige um mich herum nervös, weil ich so herumzappelte.

400 – Das war meine Startnummer. Eine von Vielen und doch die Eine. Meine. Die Eine, die ich heute zum ersten mal bei einem Triathlon Wettkampf am Start trage, und das knallhart durchziehen werde. Eine gewisse Arroganz und gleichzeitiges stolz sein auf sich selbst verschwamm mit der Nervosität. Was zur Hölle ist das für ein Gefühl? Gibt es für sowas eine Bezeichnung? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur noch, dass ich alles am liebsten sofort abgeblasen hätte oder – noch besser – schon durchs Ziel gelaufen wäre. Aber den ganzen Mittelteil hätte ich liebend gerne übersprungen. Und der Gedanke daran, was die nächsten paar Stunden vor mir liegen würde, erzeugte ein komisches Gefühl in meinem Bauch. Fast so wie verliebt sein. Nur noch schlimmer. Ich hätte am liebsten diese ganzen Schmetterlinge in meinem Bauch einmal herausgelassen. Oder wohl eher Hornissen statt Schmetterlinge. Denn langsam wurde ich heiß auf den Wettkampf. Ich will das. Ich will durchs Ziel. Ich kann das. Ich will das. Ich schaffe das!



Dir gefällt der Artikel?

Dann teile den Artikel mit deinen Freunden!

Peng! Ab ins kühle Nass!

Oder wohl eher „Peng! Da ist der erste Tritt von demjenigen der vor dir schwimmt!“. Kaum los geschwommen, hatte ich schon den ersten Fuß im Gesicht. Na super. Das fängt ja spitzen mäßig an. Dann schwamm ich richtig los. Oder eher versuchte ich es. Da Max und ich in den letzten Wochen meine Brustschwimmtechnik perfektioniert hatten, freute ich mich aufs schwimmen, da ich wusste, dass ich es kann. Es sogar gut kann und ich schneller geworden bin. Doch kaum bin ich die ersten 25 Meter geschwommen, kapitulierte ich davor, meinen Kopf beim Schwimmen unter Wasser zu bewegen. Keine Ahnung woran es lag. Ich bekam keine Luft. Ich hatte Angst davor zu langsam zu sein und von mir selbst enttäuscht zu sein. Und dann war da ja immer noch die Angst vor dem Wasser. Zum Glück waren wir in einem Schwimmbad und es nach 25 Meter einen Beckenrand zum kurzen festhalten gibt. Die ganze Zeit war ich damit beschäftigt nochmal zu versuchen, meinen verdammten Kopf unter Wasser zu kriegen. Und auf einmal waren meine 500m schon vorüber. PENG! GLÜCKSGEFÜHLE! ERSTE ETAPPE ERREICHT! LOS!

Ich kann das und ich will das!

Kaum stieg ich aus dem Wasser, hat mich der Ehrgeiz gepackt. „Geil“, dachte ich, „Du kannst das tatsächlich. Los! Nur noch Rad und Laufen und du hast es geschafft!“ ich lief los. Eine Menge Leute standen da zum anfeuern. Und die jubelten sogar mir zu. Obwohl die mich wahrscheinlich alle gar nicht kannten. War trotzdem ein geiles Gefühl! Und schon rannte ich in die Wechselzone. Alles lief wie geplant. Ich dachte an alles.

Mein Helm hatte ich als erstes auf dem Kopf, bevor ich irgendetwas anderes machte. Ohne Helm darf ich nicht fahren. Also Helm auf. Und schon lief ich aus der Wechselzone raus. Ziemlich komisch das Gefühl in diesem Moment. Die Beine sind quasi kaum spürbar gewesen und trotzdem setzte sich ein Fuß vor den Anderen. Ich dachte ans Rad fahren. Und daran, dass ich nur ein Mal vorher mit dem Rad trainierte. Und bekam leichte Panik. Doch ich hatte keine Zeit mich mit meiner Panik zu beschäftigen. Ich musste jetzt den ersten langen Anstieg hinauf.

“Die Blockade fand eigentlich nur in meinem Kopf statt.”

Im Vorfeld hatte ich ziemlich schiss vor diesem Anstieg. Am Tag vorher fuhren wir die Radstrecke mit dem Auto ab. Und da sah ich ja schon, wo es bergauf ging. Und genau deshalb hatte ich auch so Angst davor, dass ich es nicht schaffen würde. Doch kaum war ich oben, kam der nächste Adrenalinkick. GESCHAFFT! Der Rest war dann nur noch ein Klacks für mich. Die Blockade fand eigentlich nur in meinem Kopf statt. Das Rad fahren war gar nicht so schlimm und fiel mir viel leichter, als ich es selbst von mir erwartet hatte. Und schon war auch das Rad fahren vorbei. Ging mir irgendwie zu schnell vorbei. Hatte eigentlich gedacht, dass es länger dauert und viel anstrengender wird. Doch dem war nicht so. Und das machte mich verdammt glücklich.

Ich vergaß den Lippenstift!!!

Wechselzone 2. Ich stieg vom Rad und wäre fast hingefallen. Meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an und als ob da keine Knochen mehr drin wären. Hab ich die irgendwo auf der Radstrecke verloren? Ich schaute an mir herunter. Doch, das waren meine Beine, die sich da bewegten. Seltsames Gefühl, wenn die Muskeln sich vom Rad fahren wieder ans Laufen gewöhnen müssen. Doch ich hatte keine Zeit mich damit zu beschäftigen. Ich versuchte Krampfhaft in der Wechselzone an alles zu denken. Mein Haarband. Zieh die Jacke aus. Lass deine Startnummer an dir dran und dreh sie nach vorne.

Vor lauter Zeitdruck habe ich ganz vergessen, meinen, extra in den Wechselbeutel gepackten, lila Lippenstift zu benutzen. Schande über mein Haupt dass ich den nicht benutzt habe! Doch das war das Letzte, woran ich in diesem Moment dachte. Scheiß drauf wie ich aussah. Ich dachte nur daran, dass ich jetzt noch 5km laufen muss.

Kotz!

Wie soll ich das denn jetzt noch hinkriegen?

Ein Nickerchen könnte ich jetzt schon vertragen. Doch meinen Beinen waren diese Gedanken völlig egal. Die bewegten sich munter weiter. Und wie die sich bewegten! Ich war völlig überrascht, wie gut die noch funktionierten. Dankbar kam ich an der Verpflegungsstation vorbei und kippte 2 Becher Iso hinunter. Weiter gings. Von weitem hörte ich schon meinen Fanclub – er rief meinen Namen und das beflügelte mich noch mehr. Ich habs bald geschafft. Nur noch die paar Kilometer. Noch knapp 40 Minuten (mit dieser Zeit rechnete ich im Vorfeld wegen der Vorbelastung) und dann ist alles vorbei. Dachte ich bis dahin noch.

Abbrechen und Gewinnen gleichzeitig – Herr Schweinehund im Zwiespalt

Und dann kam der erste Anstieg. Und ich dachte ernsthaft übers Abbrechen nach. Zwar nur ganz kurz. Doch der Gedanke kam. Ich fühlte mich schlapp. Meine Beine brannten wie Hölle. Keiner war gerade da, der mich anfeuert. Ich hatte Hunger. Vor allem hatte ich kein Bock mehr. Durch das Ziel laufen wollte ich endlich. Doch das war eben noch ein paar Kilometer entfernt. Zwei Runden musste ich diese Strecke laufen. Das heißt zwei mal diesen Anstieg hoch. Bäh. Alles beschweren half aber nix. Da muss ich jetzt noch durch. Schließlich will ich ja auch durchs Ziel. Also Laufen. Laufen. Laufen. Und schon war die erste Runde vorbei. Da war die zweite Runde irgendwie nur noch ein Klacks.

Das Ziel!

Die letzte Kurve. Ich sah den Banner schon. ZIEL!

Meine Motivation stieg immer mehr. Ich lief auch auf einmal schneller. Um alles in der Welt wollte ich so schnell wie möglich da unten drunter durch laufen. Mein Cousin wartete am Rand schon auf mich, knapp 20 Meter vor dem Ziel. Er wartete bis ich ungefähr auf seiner Höhe war und er rannte los. Er rannte mit mir. Er hinter der Absperrung und ich durchs Ziel. Dieser Moment machte mir klar, dass ich diesen Wettkampf nicht nur für mich mache, sondern auch für ihn. Nicht nur, um es mir zu beweisen, sondern es auch ihm zu beweisen, dass so jemand wie ich es schaffen kann, so etwas zu leisten und dies auch schaffen kann. Man muss nur dran bleiben. Harte Arbeit zahlt sich aus.

“Dass so jemand wie ich es schaffen kann, so etwas zu leisten und dies auch schaffen kann. Man muss nur dran bleiben.”

Da war es nun. Dieses Gefühl es geschafft zu haben. Dieses Gefühl, dass ICH es geschafft habe. ICH ganz allein. Nur ich. Niemand sonst. Erleichterung und Stolz kamen in mir hoch. Sekunden nachdem ich im Ziel war, brach ich nervlich förmlich zusammen und heulte erst mal so richtig los. Ich war angekommen. Nicht nur im Ziel sondern auch bei mir selbst.

Ich weiß dass ich es schaffen kann.

Dass ich alles schaffen kann.

Ich muss nur an mich selbst glauben.



Dir gefällt der Artikel?

Dann teile den Artikel mit deinen Freunden!

Schreib einen Kommentar