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Gehören Diskriminierung oder Mobbing in unseren Sport?!

Zusammenhalt im Sport
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Geschrieben von Max
Wissenslevel    

Dass Mobbing (oder Demütigung) im Sport ein kontroverses Thema ist, dem waren wir uns bewusst, als Kathi den Artikel Mobbing im Sport veröffentlichte. Wir wollten aufmerksam machen, dass Triathlon nicht immer nur toll, freundlich und mit Spaß verbunden ist. Was sich daraus entwickelte, erschreckte uns – sowohl positiv, als auch negativ.

Hinweis für die Diskussion

Deshalb möchten wir in diesem Artikel noch mal auf einige Kommentare und Meinungen, die immer wieder aufkamen, eingehen. Jedoch geht es uns nicht nur um Kathis Voraussetzungen und Erfahrungen, sondern um das Thema im Allgemeinen. Deshalb achte bitte bei der Diskussion darauf, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt, sondern nur um ein stellvertretendes Beispiel. Klicke hier, wenn du noch mal Kathis Artikel nachlesen möchtest.

Noch eine Anmerkung: Immer wieder wurde über Kathis körperliche Statur, ihre Wettkampfzeiten und Training gemutmaßt. Wir können dir in unserer Trilife Sektion auf Shuru.de immer nur einen kleinen Einblick in unsere Gedanken und Erlebnisse geben. Deshalb bitten wir dich, dass du nicht auf Basis dieser kleinen Ausschnitte ein komplettes Bild des Trainings und der aktuellen Verfassung machst.

Was genau geschah bei Kathi?

Kathi ist nicht die beste Schwimmerin, schwimmt aktuell noch im Bruststil und über den Winter konnte sie krankheitsbedingt nicht regelmäßig trainieren. Doch ihr Ziel war klar, dass sie – egal wie – in ihrer Heimatstadt in Fulda über die olympische Distanz ins Ziel kommen möchte.

Bei der Anmeldung gab sie bereits eine sehr langsame Schwimmzeit an, sodass sie sich mit anderen langsamen Athleten auf einer Bahn befand. Nur eine Person stach heraus. Er hatte mit Absicht eine langsame Schwimmzeit angegeben, sodass er früher starten konnte. Nach der Hälfte warf er Kathi an den Kopf: „so jemand wie du sollte keinen Triathlon machen”.

Was hätte Kathi tun können? Einige Kommentatoren haben vorgeschlagen, dass man dies dem Kampfrichter melden soll – doch Kathi wollte das Schwimmen nur hinter sich bringen. Auch hätte dies vermutlich nicht viel gebracht – Aussage gegen Aussage.

Die Reaktionen

Uns erreichten Unmengen an Kommentaren, Nachrichten und Geschichten von Leuten, die ähnliches erlebt haben – auf Facebook, in verschiedenen Gruppen, Foren und auch Privat. Doch mindestens genauso viel Kritik haben wir erhalten. Sowohl an Kathis persönlicher Leistung, ihrem (angeblichen) Verhalten und generell an langsamen Sportlern.

Es wurden ihre Zeiten bei den letzten Wettkämpfen bis ins kleinste Detail zerpflückt und darüber diskutiert. Genauso, dass sie Brustschwimmerin ist und damit die komplette Bahn blockiert. oder dass der andere Athlet es nicht so meinte, wie er gesagt hat. Doch zeigt es genau das auf, was wir eigentlich kritisieren.

Athleten, die nicht dem Idealmaß oder dem Anspruch entsprechen, ein gewisses Tempo im Wasser, auf dem Rad oder beim Laufen zu erreichen oder sonst irgendwie anders sind, werden nicht von allen alt-eingesessenen Triathleten akzeptiert.

In unserem Sport gibt es in der Sportordnung der DTU und auch bei den Wettkämpfen Vorgaben, wie geschwommen werden darf, wie man sich auf der Rad- und Laufstrecke zu verhalten hat und eben auch Cut-Off Zeiten. Hält man sich an diese Rahmenbedingungen und schafft es innerhalb der vorgegebenen Zeit in die Wechselzone zu gelangen, darf man die Person nicht deswegen kritisieren. Dann ist es egal, ob die Person 29:59 Minuten (bei einer Cut-Off-Zeit von 30 Minuten) für das Schwimmen benötigt oder nicht. Dieser Athlet ist ein genauso vollwertiger Athlet, wie jeder andere auch. Im Gegenteil: der Sportler muss sich im Wettkampf sogar über eine längere Zeit anstrengen, als der Profi.

Es geht um viel mehr!

Als Kathi ihren Artikel geschrieben hat, hat sie ihre Gedanken und Gefühle aufgeschrieben. Stellvertretend für viele, die auch gedemütigt wurden, sich jedoch nicht trauen dies öffentlich anzusprechen. Denn sie haben genau davor Angst: Reaktionen und Kommentare, die unter die Gürtellinie gehen und persönlich werden.

Es geht nicht darum, dass sich Kathi in eine Opferrolle begeben hat, an “wenig Selbstwertgefühl” leidet (wie einige ihr zuschreiben) oder Aufmerksamkeitsgeil ist. Es geht um den Respekt im Sport, vor der Leistung anderer, egal, wie schnell oder langsam sie sind. Der letzte Athlet, kurz vor dem Cut-Off bei der IRONMAN Weltmeisterschaft auf Hawaii wird genauso gebührend gefeiert, wie der Erste.

Kathis Fall ist nur einer von vielen – das haben viele andere Reaktionen gezeigt. Jeder Athlet hat mal klein angefangen und die wenigsten sind wohl von Geburt an Triathleten. Wir alle wissen, wie hart der Anfang ist – sowohl mental, als auch physisch.

Genauso geht jeder Athlet mit einer anderen Vorstellung, mit einem anderen Ziel und auch mit unterschiedlichen Voraussetzungen an den Start. Es gibt Athleten, die wollen auf den ersten Platz und eben solche, die eine Distanz überhaupt erst mal finishen wollen.

Triathlon bedeutet immer der Kampf mit sich selbst. Dabei ist es egal, ob das auf Langdistanz-Profiniveau oder eben olympisch-Anfängerniveau ist. Die Strecke ist der Gegner und nicht andere Athleten. Jeder Athlet, wirklich jeder, verdient Respekt vor der erbrachten Leistung. Dabei ist es auch unerheblich, ob er den Wettkampf verbissen sieht, um eine neue persönliche Bestzeit zu erreichen oder als Rookie, der überhaupt ins Ziel kommen möchte.

Feedback zu einigen Kommentaren

Zu einigen allgemeinen Kommentaren, möchten wir noch einmal Stellung nehmen, da diese immer wieder aufgetaucht sind. Es sind keine Wortlautzitate und beziehen sich auch nicht explizit auf eine Person. Beim Lesen der Kommentare sind uns jedoch gewisse Meinungen immer wieder aufgefallen:

“Im Eifer des Gefechts rutscht sowas halt mal raus.”

Warum sollte so etwas rausrutschen? Welche Einstellung muss man zu anderen Menschen haben, dass man überhaupt so denkt? Man kann sich beschweren, ja. Man kann jemanden auch anschreien – von mir aus. Aber was berechtigt jemanden, eine andere Person so persönlich zu demütigen? Damit hat keiner etwas gewonnen, nur der Empfänger der Nachricht ist verwirrt, interpretiert, wird mit der Aussage stehen gelassen und das “Rausgerutschte” wird dann zu einer augenscheinlich bedeutenden Aussage.

Dass es interpretierbar ist, zeigen all die Diskussionen über die wirkliche Absicht und das Ziel des Kommentars “so jemand wie du sollte kein Triathlon machen”.

“Nimm es nicht so ernst – das gehört nun mal dazu.”

Nein, gehört es nicht! Es gehört niemals irgendwo dazu, jemand anderen persönlich anzugreifen wegen einer schlechteren Leistung als die Eigene! Jeder Mensch hat eine andere Grenze, jeder Mensch nimmt Kommentare anders auf oder lässt sie an sich abprallen. Nur weil man es selbst nicht so ernst sieht, heißt es nicht, dass es andere auch genauso müssen.

Das Sender-Empfänger-Prinzip: “Vielleicht hast du es anders aufgenommen, als es der meinte.”

Jap. Kann sein. Kann auch nicht sein. Kathis Artikel ist bewusst aus ihrer Sicht und ihren Gedanken in diesem Moment geschrieben. Es zeigt, welchen Schaden so “einfach dahingesagte” Worte anrichten können. Berichte von anderen Athleten, die wir lasen, waren nicht so zweideutig. Beleidigungen wie “fette Sau” oder Aufrufe zur Aufgabe des Wettkampfes kann man nicht anders verstehen.

Was können wir lernen?

  1. Das Problem mit der Demütigung im Sport ist allgegenwärtig. Betroffene Athleten schweigen leider viel zu häufig und andere reden das Thema klein.
  2. Der Spirit in unserem Sport, das gemeinsame Kämpfen gegen die noch bevorstehende Strecke, rückt immer mehr in den Hintergrund. Hingegen steigt die Verbissenheit und das Gegeneinander, genauso wie das über langsamere Athleten geurteilt wird, anstatt sie (auch als anderer Athlet auf der Strecke) zu motivieren.
  3. Andere Regeln fordern, die es schnellen Athleten unter sich zu starten und Anfänger eben unter sich. Wobei dies womöglich nie machbar sein wird. Athleten müssen sich immer selbst einschätzen und wenn ein Brustschwimmer beim Massenstart trotz Plädoyer vorne startet oder sich Kraulschwimmer auf die langsamste Bahn einordnen, können wir dies beim Startschuss nicht mehr verhindern.

Noch ein Schlusswort an all die Kathis und den anderen “fetten Säue”, langsamen oder übergewichtigen Athleten denen der Status als Triathlet von einigen Menschen abgesprochen wird: lasst euch nicht unterkriegen. Ihr seid großartig, habt Mut und ihr könnt stolz auf eure Leistung sein. Egal auf welcher Distanz, mit welcher Zeit oder mit welchem Gewicht! Alle persönlich-wertenden Kommentare gehören nicht in unseren Sport und müsst ihr euch nicht gefallen lassen!



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2 Kommentare

    • Servus Fredi,
      da hast du recht – so steht es auch in §16.1 der DTU Sportordnung. Nur ist es schwer dies nachzuweisen, wenn kein Kampfrichter (oder Dritter) in der Nähe ist.

      Viele Grüße,
      Max

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