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Bis ans Limit

Laufbahn
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Geschrieben von Max

Ich stehe auf der Tartanbahn und schaue mich um. Weiter hinten wärmen sich auf einem Fußballfeld ein paar Spieler auf. Eine andere Läuferin rennt ihre Runden. Sonst ist es ruhig. Ein bewölkter Nachmittag, circa 19 Grad Lufttemperatur. Also schon fast ideale Bedingungen für 12x200m “im höchstmöglichen Tempo”, wie mein Trainer geschrieben hat. Hätte ich nur nicht meine Trinkflasche Zuhause vergessen. Naja wird schon.

Kopf an

Bevor es mit dem Kernelement losgeht, soll ich noch etwas Lauf-ABC machen. Eine Technikverbesserung ist immer gut und sollte auch ganzjährig trainiert werden. Schon nach den ersten Skippings merke ich meine Beine. Sie sind schwer, müde und haben kein Bock sich zu bewegen. Viel schöner wäre es doch, einfach mal entspannt auf der Couch zu liegen und ein Buch zu lesen. Oder zu schlafen. Hilft aber nichts – bin ja doch schon mittendrin.

Nach ein paar Minuten sind die Beinchen warm. Trotzdem wollen sie nicht. Die Situation ist doch schon fast Standard. Wird wohl ein hartes Training. Doch wer Erfolg haben und seine Leistung verbessern will, muss seinen Schweinehund besiegen, seine Komfortzone verlassen, das Ziel im Auge behalten und kämpfen.

Ich denke über die letzten Trainingswochen nach: Durch sie bin ich nicht nur körperlich müde. Auch der Kopf spielt nicht mit. Schon auf dem Weg zum Sportplatz habe ich keine Lust auf Training gehabt und möchte es nur hinter mich bringen. Nach dem Training treffe ich mich noch mit einem Freund und den will ich nicht warten lassen. Es entsteht ein leichter Stress. Der von der negativen Seite. Alles keine optimalen Bedingungen für ein Training “im höchstmöglichen Tempo”.

Nachdem ich also mein Lauf-ABC mit voller Konzentration absolvierte, geht es richtig los. Die ersten 200 Meter waren spitze!

Kopf aus

60 Sekunden Pause. Stehen. Atmen. Nicht umfallen. Ich war überrascht, dass ich trotz müder Beine so schnell laufen konnte. Eine Intervall-Zeit hatte ich zu dem Zeitpunkt aber nicht gesehen. Das subjektive Gefühl stimmt mich aber positiv für die kommenden 11 Intervalle.

Zweites Intervall. Vollgas. Schon während dem Laufen merke ich einen Leistungsabfall. Angekommen. Stehen. Atmen. Das werde ich nicht durchhalten können. Viel zu schnell. Ich spiele mit dem Gedanken alles hinzuschmeissen und nach Hause zu fahren. Fick dich Sport. Warum tue ich mir so etwas an!?
Ein Blick auf die Uhr: Noch 5 Sekunden Pause dann gehts zu nächsten Intervall.

5. Ach was solls.
4. Ich werde es schon schaffen.
3. Und wenn ich am Ende kotze.
2. Wo ist die Startlinie?
1. Oh man.
0. Los. Vollgas.

Renn. Renn. Renn. Renn. Da ist die Ziellinie. Los. Stopp. Stehen. Atmen. so ging das die kommenden acht Intervalle. Ich konzentriere mich nur auf das Atmen und die Schritte. Für mehr war kein Sauerstoff im Hirn. Mit jedem Intervall wurden die 60 Sekunden Pause gefühlt kürzer und jedes Intervall länger.

Ich schaue auf die Uhr: Nur noch zwei Intervalle. Nur noch eine Runde auf der Bahn. “Geil!”, dachte sich der Kopf. Meine Beine waren anderer Meinung: Sie wollen einfach nur noch schlafen. Aber aufgeben ist nicht. 5. 4. 3. 2. 1. 0. Vollgas. War eher ein mittelhohes Tempo, aber das höchstmögliche Tempo, was ging.

Endlich. Nur noch ein Intervall. Jetzt noch mal alles geben, um das Training zumindest etwas abzurunden. Tief Luft holen. 3. 2. 1. 0. Vollgas. Ziellinie. Los. Alles geben. Drück. Atme. Geschafft. Fertig. Mit dem Training. Mit dem Laufen. Mit der Welt.

Nichts geht mehr

Eine Runde auslaufen und ab ans Auto. Ich fühlte mich lange nicht mehr so kaputt nach einem Training. Alles tut weh, es war frustrierend, dass ich das Tempo nicht aufrecht halten konnte und ich war einfach nur k.o.

Aber ich habe es geschafft. Auch wenn es nicht das optimale Training war, es hat mir sehr viel geholfen. Es hat mir mal wieder gezeigt, dass man trotz müder Beine, keiner Lust und gefühlter Erschöpfung noch eine sehr gute Leistung erbringen kann. Wenn nicht körperlich, bin ich mental an diesem Training gewachsen.

Warum ich diesen Sport mache? Weil ich immer wieder merke, dass Schmerzen und Erschöpfung nur von kurzer Dauer sind. Aber der Erfolg und das Positive, was man daraus ziehen kann, viel länger bleibt. So wird auch ein Laufbahn-Training am Limit zu einer Lehrstunde über Erfolg und Schmerz.

Think positive and gain the pain.



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