IRONMAN Frankfurt: Es wird ernst. Die Angst steigt. | Shuru.de
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IRONMAN Frankfurt: Es wird ernst. Die Angst steigt.

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Geschrieben von Isabelle Henrich
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Ich habe lange auf mein Ziel hin trainiert und viele Höhen und Tiefen durchlebt. Die Vorbereitung ist vollendet, ich kann nichts mehr an meinem Training verändern oder verbessern, denn ich befinde mich nun mitten in meiner Tapering-Phase. Meine letzte Woche ist angebrochen. Meinen 27. Geburtstag kann ich nur bedingt genießen, da meine Gedanken rund um die Uhr auf der Strecke sind. Ich gehe mit Freund und Familie Essen und versuche mich abzulenken, doch positive sowie negative Gedanken bringen meinen Kopf total durcheinander.

Habe ich genug trainiert? Hält mein Schienbein?

Es ist wahrscheinlich normal, dass ich das Gefühl habe, nicht genug trainiert zu haben. Durch die vielen Veränderungen in meinem Alltag und Beruf, war es ist nicht leicht alles unter einen Hut zu bekommen. Ich musste auch mal eine Einheit ausfallen lassen. Selbst ein Ruhetag kam mir vor als hätte ich eine Ewigkeit nicht trainiert, dabei war es lediglich ein Tag. Es klingt total absurd, doch bei dem vielen Training hatte ich oft das Gefühl immer mehr machen zu müssen.

Zwischen 9 und 16 Stunden Training in der Woche und zusätzlich 35 Stunden arbeiten, dazu kam ein- bis zweimal wöchentlich Kinderschwimmtraining je eineinhalb bis zwei Stunden. Und der Haushalt etc. müssen auch noch erledigt werden. Meine sozialen Kontakte machten es auch nicht einfacher – da wird nur der Trainingsumfang gesehen und die Leute vergessen, dass ich nebenher noch andere Sachen erledigen muss.

Dass dadurch Selbstzweifel und negative Gedanken entstehen, ist vorhersehbar.

Zudem konnte ich die letzten zwei Monate in der Vorbereitungsphase wenig laufen, aufgrund meiner Schienbeinschmerzen. Auch die Ärzte konnten mir wenig weiterhelfen, was mich natürlich sehr deprimierte. In einem Blog einer Triathletin, die sich auch auf den IRONMAN Frankfurt vorbereitete, las ich, dass sie auch Schienbeinprobleme bekam. Sie beschrieb die Problematik positiv, indem sie es als „frühes Tapering im Laufen” ansah. Ich habe lange über ihre Worte nachgedacht und festgestellt:

Darauf kommt es doch eigentlich an!

Alles, was dir geschieht, ob positive oder negative Situationen, können dich nieder machen. Oder aufbauen. Es ist alles Auslegungssache wie sehr du dir die Sachen zu Herzen nimmst oder versuchst das Beste daraus zu machen. Das ist das mentale Training, was du auch in einem Wettkampf brauchst, falls du einen Tiefpunkt erleidest.

Gerade bei langen Radausfahrten hatte ich viel Zeit, mich mit einen Gedanken zu beschäftigen. Ich versuchte meine Laufprobleme ins Positive zu lenken. Ich konnte besser als letztes Jahr trainieren und machte bisher große Fortschritte im Laufen. So schnell geht die Form schon nicht verloren.

Und durch mein Zusatztraining im Fitnessstudio und beim Aquajogging trainiere ich auch Muskeln, die ich beim Laufen brauche. All diese Gedanken musste ich mir immer wieder in den Kopf rufen. Doch die Ungewissheit, wie ich den Marathon überleben sollte, riss mich immer wieder herunter.

Wenn andere es schaffen, warum soll ich es nicht auch schaffen?

Ich habe bisher so viel geleistet, bin an mehreren Mitteldistanzen in der vorderen Hälfte meiner Altersklasse platziert gewesen. Und konnte auch schon Altersklassensiege bei kürzeren Distanzen einfahren. Warum soll ich diese Distanz nicht bewältigen können? Ich bin zwar nicht die Schnellste, aber darauf kommt es auch gar nicht an. Ich bin dafür ausdauernd und habe sehr viel Durchhaltevermögen. Genau diese Eigenschaften brauche ich für den IRONMAN. Es gilt die Schwächen in den Hintergrund und die Stärken in den Vordergrund zu rücken. Und selbst wenn ich mit “schlechten” Zeiten ins Ziel komme, Hauptsache ich komme an. Das große Problem ist doch, dass man oft versucht den Erwartungen von Außen gerecht zu werden. Doch ich muss niemanden etwas beweisen, denn es ist schon Wahnsinn allein die Distanz zu bewältigen.

Die letzte Woche!

Schluss mit den negativen Gedanken. Ich bin Mitten in meiner Tapering-Phase. Das bedeutet, dass ich nun weniger trainieren und mehr regenerieren kann. Zudem habe ich Urlaub, sodass ich mich anderen Dingen widmen kann und keinen Stress mehr habe, welcher die negativen Gedanken nur bestärkt. Das bedeutet für mich eine optimale Regenerationszeit.

Letzten Donnerstag war ich bei der Sailfish-Night am Langener Waldsee und konnte einen Teil der IRONMAN-Strecke schwimmen. In den nächsten Tagen werde ich versuchen mich zu entspannen, mich mit Freunden zu treffen und die Organisation fürs Wochenende abzuschließen. Kommenden Donnerstag werde ich nochmal im See schwimmen und eventuell bei der Startunterlagenausgabe helfen. Freitag geht es weiter mit der deutschen Wettkampfbesprechung und der Abholung meiner Startunterlagen sowie der Pasta-Party. Samstag besucht mich eine Freundin aus Stuttgart und ich werde mit ihr und anderen Freunden gemeinsam mein Rad einchecken und den Laufbeutel abgeben. Abends versuche ich früh ins Bett zu gehen.

Ich bin jetzt schon sehr dankbar für die viele Unterstützung, die ich an diesem Wochenende und insbesondere an der Strecke bekomme. Denn einige meiner Freunde und Bekannten haben sich schon angekündigt. Die erste Langdistanz als Heimrennen zu absolvieren hat auf jeden Fall Vorteile. Gerade, weil ich vor dem Marathon am meisten Bedenken habe, kann ich mit dieser großen Unterstützung doch nur ins Ziel getragen werden.

Ein langes Wochenende rund um den Triathlon steht an. Aufregung, Angst, Respekt – ein Gefühlswirrwarr. Und dann geht es los. Der Startpfiff fällt und der längste Tag des Jahres beginnt.



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